Klirren, rascheln, tschilpen, rauschen, knistern, knallen, gähnen, trippeln… Entstehen Bilder vor Ihrem geistigen Auge, wenn Sie diese Wörter lesen? Es sind Lautmalereien. Worte, die es schaffen, Geräusche in Buchstaben hörbar zu machen. Viele von Ihnen kennen sie vielleicht aus Comics, doch auch in der Literatur sind sie sehr beliebt. Darum geht es im heutigen Beitrag. Außerdem erfahren sie, wie Sie selbst Lautmalerei in Ihren Schriften einsetzen können.
Was ist Onomatopoesie?
„Onomatopoesie“ lautet der Fachbegriff für Lautmalerei. Er setzt sich aus dem griechischen Wort „onoma“ für Name und „poesis“ im Sinne von Erschaffung, Erstellung zusammen. Es bedeutet also, dass ein Name geschaffen wird, genauer gesagt, ein Geräusch oder ein visueller Eindruck mit lautlichen Mitteln nachgeahmt wird. Dabei unterscheidet die deutsche Sprache drei Formen:
- Wortbildende Onomatopoetika
- Interjektionen, sofern sie Geräusche nachahmen
- Umschreibende Onomatopoetika
Zur ersten Gruppe gehören Verben, die aus dem Klang eines Vorgangs oder einer Sache abgeleitet werden. Interjektionen werden besonders oft in Comics wie Micky Mouse, Asterix und Obelix oder Superman eingesetzt. Die Illustrationen stehen in diesen Schriften im Vordergrund. Mit nur wenigen Buchstaben gelingt es den Autoren, Szenen zu verstärken. Eine Pistole mit Rauch und dem Wort „Peng!“ macht dem Leser auf den ersten Blick klar, worum es geht. Woran denken Sie, wenn Sie „Vroumm“ hören? Vielleicht sehen Sie Speedy Gonzalez vor sich, der in Höchstgeschwindigkeit durch die Wüste zischt oder ein PS-starkes Auto à la Batmobil, das die Verbrecher durch die Stadt jagt?
Die dritte Gruppe der umschreibenden Lautmalereien imitiert das Geräusch nicht direkt, sondern weist darauf hin, wie in „Seine Worte klangen hölzern“. Durch Benennung wird der entsprechende Laut angedeutet.
Die Tabelle am Ende des Textes enthält eine große Anzahl an Beispielen für die drei genannten Formen. Sie können sie auch als PDF herunterladen.
Ein typisch deutsches Phänomen?
Nein, denn in jeder Sprache gibt es diese Laute, die Geräusche aus der Natur, insbesondere auch von Tieren nachahmen. Kleine Kinder lernen den Hund als Wauwau, die Katze als Miezmiez und den Frosch oder die Ente als Quak kennen. Erst später übernehmen sie die gängige Bezeichnung, die nur noch wenig mit Lautmalerei zu tun hat.
Bei einigen Tieren geht die Sprache so weit, dass ihre Geräusche sogar in ihren Namen übernommen wurden. Ein tolles Beispiel dafür ist der Kuckuck mit seinem Ruf „gu-kuk“. Da er sich beim Singen in anderen Ländern fremder Dialekte bedient, heißt er dort beispielsweise Coucou (Frankreich), Kukuschka (Russland) oder Koukoula (Griechenland).
Beispiele für Lautmalerei in der Literatur
Die Lautmalerei ist ein Stilmittel der Rhetorik und wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Große Autoren verwenden sie seit jeher in ihren Werken und kleine Zuhörer lauschen ihrem Klang in Liedern.
So schreibt Stefan Zweig in seiner Erzählung „Die Frau und die Landschaft“:
„… die Bäume dort drüben am Hang mussten eine fremde Gegenwart geahnt haben, denn mit einem Male begannen sie ganz leise zu schwanken, als neigten sie sich flüsternd einander zu. Die Schatten zwischen ihnen wurden unruhig. Wie ein Lebendiges und Erregtes huschten sie hin und her, und plötzlich hob es sich auf, irgendwo fern, ein tiefer, schwingender Ton. Wirklich: Wind kam über die Welt, ein Flüstern, ein Wehen, ein Weben, ein tiefes orgelndes Brausen und jetzt ein stärkerer, mächtiger Stoß.“
Auch Wilhelm Busch lässt in seinem Gedicht „Humor“ Laute erklingen:
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
kommt er dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil das so ist
und weil mich doch der Kater frisst,
so will ich keine Zeit verlieren,
will noch ein wenig quinquillieren
und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
Doch schon von klein auf begegnen wir diesen Schallwörtern, ob in Reimen oder Kinderliedern. Erinnern Sie sich an diese hier?
- Summ, summ, summ, Bienchen summ herum…
- Alle Vögel sind schon da, alle Vögel alle. Welch ein Singen, Musizier’n, Pfeifen, Zwitschern, Tiriliern,…
- Bruder Jakob, … hörst du nicht die Glocken, ding, dang, dong, ding, dang, dong.
- Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf’ Galopp!
Lautmalerei ganz praktisch
Nun lassen Sie uns einmal schauen, wie Lautmalerei als Stilmittel eingesetzt werden kann. Auch hier gilt – wie bei jedem anderen Stilmittel: Qualität und nicht Quantität. Ein komplett mit wortbildenden Lautmalereien überfüllter Text wird für die Leser:innen zu anstrengend. Sie wären mit all den optischen, sensorischen und auditiven Reizen überflutet. Nutzen Sie Onomatopoetika, um eine Szene lebendiger werden zu lassen, sodass sich die Lesenden die Situation mit allen Sinnen vorstellen können. Durch die richtige Wortwahl können Sie mit einem einzigen Verb eine ganze Reihe an Eindrücken, Emotionen und Konnotationen transportieren. Ein Beispiel:
Vorher:
Lennart lief schnell zum Strand. Marie hatte ihm am Telefon gesagt, dass Tom dort auf ihn wartete. Schon von Weitem hörte er das Meer, sah die Wellen, spürte den Wind und die Sonne auf seiner Haut. In der Ferne sah er Tom stehen.
Nachher:
Lennart hastete zum Strand. Marie hatte ihm am Telefon verraten, dass Tom dort auf ihn wartete. Schon von Weitem hörte er das Meer rauschen. Die Wellen brachen sich gegen die Felsen. Das Wasser peitschte, die Gischt schäumte. Der Wind zerzauste seine Haare und die glühende Sonne brannte auf seiner Haut. In der Ferne erblickte er Tom.
Manche sagen, die deutsche Sprache sei so kompliziert, weil sie so viele Wörter habe, die jeweils sehr konkrete Anwendungen kennen. Im Englischen dagegen kann ein Verb wie „go“, „get“ oder „make“ weit über 15 verschiedene Bedeutungen haben. Doch ich sehe darin gerade den Reichtum der deutschen Sprache, diese Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten, diese Präzision.
Selbst diejenigen Schreiber:innen, die keine Freude an langatmigen Landschaftsbeschreibungen haben, können Lautmalerei als Nachahmung von Geräuschen aus der Natur effektiv einsetzen. Kaum eine Situation oder Szene ist frei davon: die Nachbarskinder poltern, das Motorrad ohne Schalldämpfer knattert die Straße entlang, der Einbrecher huscht hinter einen Vorhang und der alte Mann kriecht aus seinem Bett. Sofort entstehen vor dem geistigen Auge Bilder – der Leser ist gefangen und damit genau dort, wo Sie ihn haben wollen. In Ihrer Geschichte!
Wenn Sie weitere Ideen und Beispiele für Onomatopoetika haben, hinterlassen Sie gern einen Kommentar. Ich freue mich!
Tabelle zum Download im PDF-Format.
Wortbildende Onomatopoetika | Interjektionen | Umschreibende Onomatopoetika | |
bellen blinzeln blitzen brausen brechen donnern dreschen fiepsen flöten flüstern gackern gähnen glitzern grunzen gurren hacken hauchen hecheln klappern klopfen knallen krächzen kratzen mampfen meckern miauen muhen murmeln peitschen pfeifen | piepsen plätschern prickeln rascheln raunen rülpsen rumpeln rütteln säuseln schlingen schluchzen schnattern schnorcheln schnuppern schnurren seufzen summen surren tirilieren tosen trappeln trillern tuckern tuscheln wehen wispern zischeln zischen zurren zwitschern | Äh! Aua! Autsch! Bäh! Blabla! Boing, boing, boing! Didelidum! Hmpf! Klick, klack! Klopf! La-la-la! Muahaha! Oh! Pah! Peng! Pssst! Puh! Tärä! Tröt! Tamm! Tamm! Trippel, trappel! Wuff! Vroum! | flötend hölzern trompetend metallisch blechern |
Das hat mir gerade sehr geholfen! Danke. Toller Blog!
Mein Favorit ist immer noch Donald Ducks alter 313 mit seinen typischen “Stotter” und “Spotz”. Ein paar Beispiele von zahlreichen zauberhaften Worten des Erikativs.